Stevens-Cup Hamburg-Harburg
„Hast Du eine Schreibblockade?“
Und – was soll ich sagen: Er hat Recht, der John F.!! Ich habe tagelang gegrübelt, was ich schreiben kann. Es fing schon damit an, dass ich keinen „wirklich guten Spruch“ für Zeile 1 hatte! Hier die mehr recht als schlechte Auswahl:
„RAD WEG!“ – sagte ein Waldmensch zu mir, nachdem ich es gewagt hatte, mein Rad an einem (ich dachte extra dafür aufgestellten) Pfeiler direkt an dem „Anmeldezelt“ zu parken. Kein „Guten Morgen“, kein „Kannst Du bitte“ – da hatte ich schon den Kaffee auf! Will man das als Headline lesen? Nö. Gott, war ich genervt!
„ICH NENNE SIE JETZT ‚CARBAUMI‘“ – sagt mein Sternchen zu Anne. Dieser Spruch ist zwar gut, bedarf aber einer viel zu langen Erklärung: Ableitung von Carboni. Ich fahre gegen den Baum, brauche neues Laufrad. Mavic Helium gibt es nicht mehr, es ist fast Weihnachten, also – was macht Suse: gönnt sich was. Sag ich doch: dauert viel zu lange…
„WENN ICH GEWUSST HÄTTE, WIE GEIL DIESE STEVENS-LAUFRÄDER SIND, WÄRE ICH SCHON ANFANG DER SAISON GEGEN EINEN BAUM GEFAHREN!“
(Meine Einschätzung zu den Fahreigenschaften meiner neuen Laufräder – da hatte ich Bedenken, dass man mir das ggf. glauben könnte. Den Spruch!)
„FAHR NICHT WIEDER GEGEN EINEN BAUM!“
(Ich hab immer noch Puls! Sicher war das von JEDEM ein gutgemeinter Radschlag bzw. Ratschlag, wenn man diesen Wunsch, diesen Hinweis aber gefühlte 124x gehört hat, kann selbst ich beim 125. Mal nur noch schmallippig lächeln. Gott, war ich genervt!)
Und dann also John F. mit seiner klärenden Vermutung. Danke, John!
Nach all‘ der Aufregung in Bezug auf Haake oder keine Haake sind wir neugierig schon am Vortag zum Strecke inspizieren nach Harburg gefahren. Wohl dem, der Weihnachten genießen kann! Die Strecke war uns nicht unbekannt, haben wir doch hier unsere ersten Crossrennerfahrungen gesammelt. Das Ende der Startgerade war damals das steilste, was ich in meinem Leben je gefahren bin. Die Matschhügel bin ich damals kaum raufgekommen – gespannt, ob sich in den Jahren was getan hat…
Auf zu neuen Ufern – von mir aus können wir hier bleiben: Der Kurs tiptop: Die besagte Startgerade – und hier hat jemand richtig gut mitgedacht: in Runde 1 ging es nicht bergab und dann 45° scharf rechts – sondern gleich nach 100 Metern die verkürzte Runde um den einen oder anderen Massensturz zu vermeiden. Die Grübelei hätte ich mir schenken können…! Es ging berbauf, bergab, es gab viele knifflige Kurven, es gab Matsch und Autobahn, kurz – es gab alles, was das Crosserherz begehrt und für JEDEN war fahrtechnisch etwas dabei. Einzig die Zuschauer konnten nicht sooo schön von einem Punkt aus „alles sehen“ – aber irgendwas ist ja immer. Und wenn ich mir die unzähligen, geparkten Autos rund um den Wald und die gute Stimmung in Erinnerung rufe – behaupte ich einfach mal, dass sich jeder amüsiert hat und auf seine Kosten gekommen ist…!!
Wie jedes Jahr beim Weihnachtscross ist das Frauenfeld erweitert und es fanden sich ein paar der Elitefahrerinnen ein. die ebenso traditionell das Feld im positiven Sinne aufmischten!
Der Startpfiff ertönt –und? RAUTENBERGS FUSS FÄLLT! RAUTENBERGS FUSS FÄLLT DIREKT IN DIE PEDALE! PARDAUZ! So schnell konnte ich gar nicht realisieren, was dann passierte: Ich trete trete trete – wie frau das dann so macht beim Start – und finde mich vor der 1. Kurve an Platz zwei wieder. PLATZ ZWEI!!! Direkt am Hinterrad von Lisa und VOR Trixi.
RAUTENBERG JETZT KONZENTRIEREN WÜRDE DER TEAMCHEF SAGEN. Ich also hinterher und nach wenigen Metern konnte ich nicht nur das Hinterrad, sondern das ganz Rad sehen, was dennoch ein Erlebnis war. Sowieso war die erste Runde ein einziges Erlebnis. Oder wusstet ihr anderen Mädels, dass vor dem Hügel ganz hinten noch eine rechts-rechts-links-links-rechts-links Flatterband-Schikane eingebaut war? Hand aufs Herz! Also, ICH wusste das nicht und musste mir den Weg suchen…. Zum Glück war er weitestgehend ausgeschildert!
Eine weitere Schreckenssekunde nach einer scharfen Kurve. Ich wollte gerade antreten – da tut sich ein Doppelsprung direkt vor meiner Nase auf. Kinners, ich hab gedacht ich hab mich verfahren: ICH SCHWÖRE!!! in den Einrollrunden gab es keinen Hinweis auf diesen Sprung und er war direkt nach der Kurve – vorsichtig ausgedrückt –ungünstig aufgestellt. Aufgestellt ist sowieso gehetzt gesagt: Das Aufbauteam war noch dabei als wir anrauschten und wir wären fast in die Bretter geknallt. Nicht auszudenken, wenn es so gekommen wäre. Wie hätte ich das erklären sollen? Lautes, undeutliches Geschnatter im Feld, aufgeregtes Keuchen, es riecht nach Carbonbremsen. Fast wie im richtigen Leben. Ich stolpere mehr als ich springe, konnte mich fangen und weiter geht’s. Wir lassen uns doch nicht beirren, wenn im laufenden Rennen ein Brett mit Flatterband umtüddelt wird!!! Pah!
RAUTENBERG KONZENTRIERE DICH WEITER. Ja, natürlich weiß ich, dass die schnellen Rennsemmeln direkt hinter mir sind und nur auf die Gelegenheit warten, mich zu überholen. TRETEN RAUTI TRETEN, genieße es, so lange es pfffffffffffffft.
Nach knapp einer Runde war es soweit – und aus Platz 2 wurde vorübergehend Platz 6 – was für mich bei dem Teilnehmerfeld dennoch eine tolle Leistung ist. Mithalten konnte ich nicht wirklich und ich habe mich darauf besonnen, was ich gut kann: Meine Runden drehen, möglichst fehlerfrei fahren und daran denken, was der Teamchef und mein Sternchen mir beigebracht haben. Und niemals aufgeben, niemals aufstecken, niemals nach hinten gucken.
Und? Ich wurde belohnt! Platz 5 mit Jule – da fährt sie. Langsamer als die ersten Runden. Verausgabt? Nein, leider war der lädierte Weihnachtsmagen noch nicht auskuriert. Und so konnte ich nicht anders, als sie zu überholen und mein Rennen weiter zu fahren. Heute lief es! Zick-Zack-hoch-runter-po hinten-kopf vorne-schulter links-hand rechts. HERRLICH! Ich kann es nicht anders feststellen als: das war mein Tag. Meine Laufräder fuhren wie auf Schienen, mein Kopf war klar. die Luft war rein: Das kann doch alles gar nicht sein?
Mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht habe ich mir in dem stark besetzten Feld Platz 5 ergattert und hab mich mit Kuchen und Schokolade belohnt!
Anne fuhr kurz nach mir über die Ziellinie und wurde mit einen tollen 6. Platz belohnt, es folgte Solveig auf 7 und Antje auf 10. Der Weihnachtsmann, Teamchef und wir sind zufrieden!
In diesem Sinne, wir sehen uns im Wald
Eure Suse Rautenberg